Mit Propaganda auf der Schnellstraße in den Krieg
Das Kriegsgeschrei in den deutschen Medien wird immer lauter und begleitet die unfriedliche Politik der Bundesregierung und anderer NATO-Staaten. Die Tagesschau feiert am 11. Juli den jüngsten NATO-Gipfel in Washington und die Entscheidung zur Verlegung von Marschflugkörpern nach Deutschland, die bis nach Moskau auch atomar bestückt fliegen können. Dazu der Kommentar von Bundeskanzler Olaf Scholz, das sei „eine sehr gute Entscheidung“. Und als Erklärung wird vom Staatsfunk die „Bedrohung aus Russland“ geliefert. Sogar bei dem durch Regierungspropagandisten weichgespülten „Wikipedia“ ist zu erfahren, dass diese Tomahawk-Marschflugkörper „zu den US-amerikanischen und britischen Erstschlagwaffen in jedem kriegerischen Konflikt“ gehören und die „Aufgabe von bemannten Bombern“ übernehmen. Ohne Piloten zu gefährden, können diese Marschflugkörper tief in das gegnerische Territorium eindringen, heißt es beruhigend für die Angehörigen der Piloten weiter.
Wie ist es möglich, dass die Bevölkerung in den Ländern Europas und schließlich auch zu Teilen weltweit nicht energischer und kämpferischer aufbegehrt gegen dieses Kriegstrommeln und gegen eine Konfrontationspolitik, die zum Krieg führen kann und vielleicht auch muss? Schließlich könnte eine Eskalation in atomaren Zeiten die Erde unbewohnbar machen. Einer der Gründe für die noch zu schwache Friedensbewegung ist die Kriegspropaganda und die Lügen in Zeiten des Krieges. Es gibt eine Vielzahl von mahnenden Stimmen, die die Kriegspropaganda überzeugend als menschenverachtend entlarven und verurteilen wie der Schweizer Historiker Daniele Ganser, der deutsche Theologe Eugen Drewermann oder die Abgeordnete des deutschen Bundestag Sahra Wagenknecht, die eine eigene Partei gründete, die sich für Vernunft und Gerechtigkeit einsetzen will.
Zu ihnen gehören auch unzählige Persönlichkeiten aus der Geschichte wie der englische Staatsbeamte, Schriftsteller und Pazifist Arthur Ponsonby, der sich in einem Buch vor allem über die englische Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg empörte, aber auch die ausländischen Kriegslügen entlarvte, ob beim Kriegsgegner Deutschland oder den Verbündeten in Frankreich, USA und Italien. Der Titel: „Lügen in Kriegszeiten“. Der Westend Verlag sorgte für eine aktuelle Neuauflage dieses Klassikers der Propaganda. Dazu auch meine Rezension aus dem Juli 2022 https://www.keusch-reisezeiten.de/post/2022-07-rezensionen-luegen.
Was damals der Autor aus London als eine Mahnung an die zukünftigen Generationen verstand und heute die Verleger vom Westend Verlag in Neu-Isenburg als Warnung an die Schreibtisch-Krieger in den Medien und die Politiker in hohen Ämtern richteten, hat sich in unserer Gegenwart scheinbar immer mehr als eine Handlungsmaxime und Richtschnur herausgebildet. Sie wird unverhohlen praktiziert, in Politiker-Reden und Interviews oder in neunmalklugen Kommentaren und Analysen von Sofakriegern in den Redaktionen, die – zum Glück – noch nie das Grauen eines Krieges erleben durften.
Besonders deutlich wird das bei den zehn Grundsätzen, die bei Ponsonby in bedrückenden Beispielen auf vielen Seiten auftauchen und von Anne Morelli in zehn Sätzen knapp und wortgewaltig zusammengefasst wurden.
Wir wollen keinen Krieg
Das feindliche Lager trägt die alleinige Schuld am Krieg
Der Feind hat dämonische Züge
Wir kämpfen für eine gute Sache und nicht für eigennützige Ziele
Der Feind begeht mit Absicht Grausamkeiten. Wenn uns Fehler unterlaufen, dann nur versehentlich
Der Feind verwendet unerlaubte Waffen
Unsere Verluste sind gering, die des Gegners aber enorm
Unsere Sache wird von Künstlern und Intellektuellen unterstützt
Unsere Mission ist heilig
Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter
Mühelos kann der kritische Betrachter heute tagtäglich in den Mainstreammedien finden, wie diese Anleitung zur Kriegspropaganda Punkt für Punkt umgesetzt wird, vorneweg gerieren sich als Leuchttürme der Kriegsbegeisterung die Süddeutsche Zeitung, Spiegel und Bild, und nicht zu vergessen die Öffentlich-Rechtliche Medien-Flotte. Es ist deshalb einfach müßig, den Leser mit Belegen zu behelligen.
In jüngster Zeit ist zu beobachten, dass uns die Kriegslügen in immer kürzeren Abständen aufgetischt werden, als ob schnell noch die letzten Ausfahrten auf der Schnellstraße in den Krieg blockiert werden sollen. Wer sich für den Frieden einsetzt, wird als „Lumpenpazifist“ verunglimpft, wer an Veranstaltungen der Friedensbewegung teilnimmt oder dazu aufruft, ist „Putin-Freund“ oder auch gleich „Nazi“, wer diplomatische Lösungen im Ukraine-Krieg anmahnt, ist gar ein „Friedenshetzer“. Und das in einer Zeit, wo sich die wahren Kriegshetzer in Politik und Medien ungestraft ausbreiten können, wie der CDU-Kriegsstratege Kiesewetter, die Rheinmetall-Lobbyistin Strack-Zimmermann, die Grünen-Politiker Nouripur und Hofreiter und der heiße SPD-Krieger Michael Roth, der das Erbe des Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt mit Füßen tritt. Das Grundgesetz sieht „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten“ als verfassungswidrig an. „Sie sind unter Strafe zu stellen.“ (Artikel 26).
„Die atomare Abschreckung ist ein fragiles Konstrukt, der Atomkrieg ist eine reale Gefahr“, schreibt die Berliner Zeitung und berichtet darüber, dass am 8. Juli dieses Jahres weltweit 8.000 Städte die Friedensflaggen der „Mayors for Peace“, der „Bürgermeister für den Frieden“, gehisst haben, um ein Zeichen gegen Atomwaffen zu setzen. „Mayors for Peace“ wurde 1982 durch den damaligen Bürgermeister von Hiroshima gegründet. Das weltweite Netzwerk setzt sich für die Abschaffung von Atomwaffen ein, greift aber auch aktuelle Themen auf, um Wege für ein friedvolles Miteinander zu diskutieren. Mehr als 8.250 Städte weltweit gehören dem Netzwerk an, darunter 850 in Deutschland.
Ein Urgestein der Friedensbewegung in Deutschland, Reiner Braun, kam ausführlich in einem Interview mit den Nachdenkseiten (https://www.nachdenkseiten.de/?p=118015) zu Wort und kritisierte scharf den jüngsten NATO-Gipfel in Washington: „Das ist alles Kriegsvorbereitung pur“.
Können von der Schnellstraße in den ausufernden Krieg der NATO noch Abfahrten gebaut werden? Geben wir der Diplomatie noch eine Chance und machen die Friedens-Demonstrationen wieder richtig groß, dass niemand sie einfach ignorieren kann. Denn wer will schon beim nuklearen Winter in seinem Keller sitzen und darüber brüten, ob er mit seiner Teilnahme an friedlichen Demonstrationen doch eine Abfahrt von der Autobahn des atomaren Krieges erzwungen hätte. Scheinbar können nur noch Millionen Menschen auf den Straßen Europas den Frieden bewahren.
Am 6. und 9. August finden anlässlich des 79. Hiroshima- und Nagasaki-Gedenktages wieder zahlreiche Veranstaltungen der Deutschen Friedenskooperative statt. Die Berliner Polizei hat für den 15. Juli zu einer Veranstaltung „Hissen der Regenbogenflagge 2024“ eingeladen, anlässlich des Berliner Christopher-Street-Days. Wäre der 6. August nicht ein guter Anlass vor dem Berliner Polizeipräsidium die Blaue Fahne mit Picassos Friedenstaube aufzuziehen?
„Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“
Das ist ein Kernsatz von Willy Brandt vom 3. November 1981 zur Friedlichen Koexistenz, die uns – bisher – den Frieden bewahrt hat.
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