Modellrechnungen und Simulationen ersetzen zunehmend die faktenbasierte Wissenschaft
"Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" - ich habe als promovierte Mathematikerin mit dem Spezialgebiet Numerik dieses geflügelte Wort hin und wieder gerne mal ins Feld geführt, insbesondere dann, wenn Unternehmensberater, mit denen ich in meinem Berufsleben häufiger mal zu tun hatte, in Unkenntnis meiner Qualifikation mir total überzogene Wachstums-Prognosen für eine Firma oder eine ganze Industriebranche verkaufen wollten. Nach ein paar kurzen Lektionen über die Signifikanz von Stichproben, relevante und irrelevante Daten und ein paar Grundlagen der Stochastik war diese Diskussion immer sehr schnell beendet und es hat nie jemand meine eigenen Berechnungen auch nur ansatzweise in Frage gestellt.
Zeit meines Lebens habe ich Software entwickelt oder bei Unternehmen eingeführt, Software unterschiedlichster Art, auch Modellrechnungen und Simulationen. Zum Beispiel während meiner Zeit im Karl-Weierstraß-Institut der Akademie der Wissenschaften bei der Entwicklung von Algorithmen und von wissenschaftlicher Software für die Halbleiterproduktion oder für die Optimierung optoelektronischer Bauteile. Immer wurde dabei das Wort "praxiserprobt" ganz groß geschrieben. Und ja, diese Software wurde massenhaft eingesetzt und ist massenhaft erprobt worden und hat dabei genau das erfüllt, wofür sie geschrieben wurde. Es ist also nichts gegen Modelle und Simulationen einzuwenden, wenn sie denn wissenschaftsbasiert sind, faktenbasiert, und erprobt. Und natürlich wurden die Modelle mit dem Fortschritt in Wissenschaft und Technik weiter verbessert, verfeinert. Die enge Zusammenarbeit mit den Auftraggebern und Nutzern war das A und O unseres Tuns.
Als Wissenschaftler, ob nun Mathematiker, Statistiker, oder Informatiker, ist man sich immer dessen bewusst, wie leicht man Fehler machen kann, ob nun bewusst oder unbewusst. Indem man die falsche Stichprobe auswählt, statistisch nicht relevante Daten erhebt oder nicht sauber zwischen Korrelation und Kausalität unterscheidet, ob also bei gleichzeitig beobachteten Phänomenen auch tatsächlich eine Ursache-Wirkung-Beziehung besteht. Das ist um so verführerischer, wenn man im Zuge des Big-Data-Hype über Tonnen an Daten verfügt. In großen Datensätzen findet sich leicht irgendwo eine zufällige Korrelation. Und hier beginnt dann auch ganz schnell der mutwillige Missbrauch der Statistik, oder um es ganz klar zu benennen: Die Fälschung !
Lügen mit Zahlen
Es gibt sie, die Fälschungen. Und sie werden uns von der Politik und den Mainstream-Medien jeden Tag präsentiert, mal mehr mal weniger offensichtlich: Die vorsortierten Stichproben, bei denen das Ergebnis von vornherein verzerrt ist, weil der Auftraggeber es so will. Gerd Bosbach, emeritierter Statistik-Professor der Fachhochschule Remagen erinnert sich zum Beispiel an seine Zeit als Politik-Berater, in der er in seiner Tätigkeit beim Statistischen Bundesamt auch Finanz- und Wirtschaftsministerium und die wissenschaftlichen Dienste des Bundestages beriet.
"Dort haben Politiker eigentlich nie nach Fakten zu einem Thema gefragt. Sondern sie haben immer nach Fakten für ihre Meinung gefragt." "Lügen mit Zahlen" heißt deshalb ganz folgerichtig sein mit Jens Jürgen Korff veröffentlichtes Buch mit dem Untertitel: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden. Es ist heute noch genauso aktuell wie in seinem Erscheinungsjahr 2011, vielleicht sogar noch viel aktueller, haben wir es doch heute mit dem Massenphänomen der "Modellierer" zu tun. Diese verkaufen uns ihre Zukunftsmodelle als faktenbasierte Wissenschaft, obwohl sie entweder unerprobt sind oder sich sogar als falsch erwiesen haben. Ihre Thesen werden weiter munter verbreitet, als "Wahrheit" verkauft, sie beherrschen die Talkshows, sind in den Mainstream-Medien allgegenwärtig, sie sind die "Staatsmodellierer". Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung findet nicht nur nicht statt, sie wird unterbunden, die Wahrheit wird totgeschwiegen.
Dazu zwei Beispiele.
Pandemie-Politik im Blindflug
Beginnen wir mit den COVID-Ausbreitungsmodellen von einer Forschungsgruppe des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen um Viola Priesemann. Sie veröffentlichte mit ihrem Team ihre Modelle im Mai 2020 unter dem Titel "Inferring change points in the spread of COVID-19 reveals the effectiveness of interventions" auf "Science.org".
(https://www.science.org/doi/10.1126/science.abb9789, Dokumentation unter https://github.com/Priesemann-Group/covid19_inference_forecast)
Sie lag rückblickend mit ihren Modellierungen immer wieder daneben, vertrat aber ungeachtet dessen immer einen radikalen Ansatz, um die Ausbreitung von SARS-CoV-2 zu stoppen, der unter dem Begriff "ZeroCovid" bekannt wurde. Dabei sparte sie nicht mit drastischen politischen Forderungen bis hin zum völligen Lockdown:
"Wenn aber die Krankheit sich gleichmäßig in allen Bevölkerungsgruppen ausbreiten würde, wären wir eher bei 1,5 Prozent Sterblichkeit" (02.11.2020);
"Wir wissen aus dem Herbst, dass dieser Kipppunkt (Inzidenzzahl) bei etwa 10 und 20 lag. Deswegen sollte das unser Zielwert sein." (09.02.2021);
Ohne Impfung bräuchten 1 bis 4 Prozent der Patient*innen, also 250.000 bis 1 Million Menschen, irgendwann ein Bett auf den Intensivstationen (09.02.2021);
Maskenpflicht auch draußen, denn wenn man draußen "ein gutes Parfüm wahrnimmt oder Zigarettenrauch abbekommt", könne man "auch Aerosole von anderen Personen" abbekommen (16.06.2021) – übrigens ein wissenschaftlich völlig haltloser Vergleich.
Wusste man es besser als Frau Priesemann ? Ja ! Es gab Wissenschaftler, die von Anfang an die Unzulänglichkeiten des Priesemann-Modells aufgedeckt haben und bessere Modelle vorgestellt haben.
Man lese dazu zum Beispiel die Kommentare zu dem obigen Artikel, insbesondere die Kommentare von Sergey Litvinov und Petr Karnakov vom Computational Science and Engineering Laboratory der ETH Zürich, oder Berhard Mueller von der Monash University Melbourne, oder von einem Autorenkollektiv aus München und Stockholm, das kurz und bündig konstatiert: "51 Datenpunkte einer Beobachtungsstudie lassen keine detaillierten kausalen Schlussfolgerungen zu".
Man beschäftige sich dazu mit den Modellen von Matthias Kreck und Erhard Scholz, hochdekorierten Mathematikern des Landes. Kreck ist Träger der Cantor-Medaille, des wichtigsten Mathematikpreises Deutschlands, war Gründungsdirektor des Hausdorff-Instituts an der Uni Bonn und lange Jahre Direktor des Mathematischen Forschungsinstituts in Oberwolfach. Er beginnt mit einer Fundamentalkritik des vom Priesemann-Team verwendeten SIR-Modells, welches Annahmen über das Übertragungsverhalten des Virus enthält, die sehr unrealistisch sind. Kreck und Scholz entwickeln ein neues innovatives Modell, in das die biologische feststellbare Viruslast und andere real erhebbare Daten wie die tägliche Zahl der Neuinfektionen, die Zeit zwischen Symptombeginn und Quarantäne oder die veränderlichen Kontaktraten direkt einfließen. "Wir müssen unser Modell gar nicht über willkürliche Parameter fitten", sagt Kreck. "Wir modellieren von Anfang an näher an der Wirklichkeit." Nach einer ersten Einladung zur Expertenrunde, die die Bundesregierung berät, wurde Kreck wieder ausgeladen, mit der Begründung, dass Kreck doch verstehen müsse, dass in einer solchen Gruppe nur Menschen zusammenarbeiten könnten, die reibungslos harmonierten. Man mag hinzufügen: "Die die politisch opportune Meinung vertreten." Und so ist die Mathematik bis heute in den Expertenrunden nicht vertreten.
Und man lese nach beim Nestor der Medizin-Statistik Gerd Antes, der von Anfang an auf evidenzbasierte Modellierungen drängte, wann immer ihm - wenn auch viel zu selten - die Gelegenheit dazu gegeben wurde. Antes gilt als einer der Wegbereiter für eine evidenzbasierte Medizin in Deutschland und leitete das Deutsche Cochrane Zentrum. Dort analysieren Experten, welche klinischen Studien aussagekräftig sind und welche nicht. Er stellt im Februar 2022 fest: "Auch nach zwei Jahren Pandemie ist die Datenlage in Deutschland sehr unbefriedigend. … Zu keinem Zeitpunkt haben Lauterbach oder sein Vorgänger angekündigt, dass sie Reduzierung dieser Missstände ganz oben auf der Prioritätenliste des Bundesgesundheitsministeriums sehen." Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Dass die Datenbasis in Deutschland immer noch mehr als dünn ist, beklagt auch Viola Priesemann. Um dem entgegenzuwirken, hat sie im September 2022 Aufrufe über ihren Twitter-Account gestartet, um mit ihrer eigenen Umfrage "bessere" Evidenz für ihre eigenen Daten zu bekommen. Als ob Twitter und dann noch ihre eigenen Follower irgendeine statistische verwertbare Evidenz liefern könnten, von Bots und Mehrfach-Abstimmungen mal ganz abgesehen. Das hat ihr die Häme der versammelten Statistik-Wissenschaftler und sogar das Kopfschütteln in einigen Medien eingebracht, aber sie gibt immer noch Interviews und verteidigt ihre harten Lockdown-Empfehlungen, von denen sich sogar der Oberpaniker des Landes Karl Lauterbach langsam verabschiedet und schon mal zugibt, dass wir die Kitas doch nicht hätten schließen müsse, und die Schulen vielleicht auch nicht.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es spricht nichts dagegen, wenn Wissenschaft zunächst mit Hypothesen arbeitet. Unverantwortlich wird es, wenn unrealistische Szenarien der Modellrechnungen zu vermeintlich seriösen Prognosen umgeformt werden. Und von Viola Priesemann wurde noch keine Entschuldigung vernommen, dass sie mit ihren politischen Empfehlungen direkt dafür sorgte, dass unsere Wirtschaft irreparabel geschädigt wurde, dass Hunderttausende ihre berufliche Existenz verloren und dass sie Forderungen erhob, die inzwischen als verfassungswidrig eingestuft wurden. Viola Priesemann wurde zum 1. Oktober 2022 von der Universität Göttingen zur Professorin ernannt; nein, nicht für ihre SARS-CoV-2-Modellierungen, sondern für die Theorie neuronaler Systeme.
Die angebliche Alternativlosigkeit der Klimafolgenforschung
Ein anderes wissenschaftlich höchst umstrittenes Gebiet für Modellierungen sind die Klimafolgen-Modelle. Wie gut oder schlecht ein COVID-Ausbreitungsmodell ist, zeigt sich bereits nach relativ kurzer Zeit, wenn die Prognosen von der Realität eingeholt werden. Demgegenüber arbeiten die Klimafolgen-Modelle in Zeiträumen von 20, 30, 50 oder noch mehr Jahren. Keiner der Autoren von heute muss fürchten, für die in seinem Modell entwickelten Horror-Szenarien zur Entwicklung von Klima, Temperaturen, Bewaldung, Meeresspiegel, Nahrungsmittelproduktion usw. jemals zur Verantwortung gezogen zu werden. Hunderte von Instituten und Nicht-Regierungs-Organisation haben Tausende von Modellierern hervorgebracht, die munter Analysen und Simulationen erstellen, die niemand überprüfen kann.
Bekanntlich sind ja schon Wetter-Vorhersage-Modelle so komplex, dass für ihre Berechnung Supercomputer benötigt werden. Dem Meteorologen und Mathematiker Edward N. Lorenz gebührt der Ruhm, in den 60er Jahren die Chaos-Theorie entwickelt zu haben, mit der Kernaussage, dass kleinste Änderungen in den Anfangsbedingungen größte Auswirkungen in den Resultaten haben.
Grafische Darstellung eines Lorenz-Attraktors © Mathematics of Planet Earth
Er erkannte, dass das Wetter ein deterministisches chaotisches System ist, das mit einem relativ einfachen System von drei verbundenen Differentialgleichungen mathematisch beschrieben werden kann – und dieses ruft wiederum ein Muster von unendlicher Komplexität hervor und führt niemals zum selben Ergebnis. Projiziert man das numerische Ergebnis der Gleichungen in den dreidimensionalen Raum, erhält man eine unendlich lange Trajektorie, die sich nicht selbst schneidet und aus passendem Blickwinkel die Form zweier Schmetterlingsflügel hat. Lorenz selbst veranschaulichte diesen "Schmetterlingseffekt" mit der Metapher: "Kann ein Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen?"
Es ist also wissenschaftlich erwiesen, dass es unmöglich ist, das Verhalten von solchen chaotischen Systemen für längere Zeit vorherzusagen. Um so mehr sollte man sich als Wissenschaftler, der um die Komplexität dieser Modellierungen weiß, mit politischen Forderungen zurückhalten, insbesondere, wenn diese so einschneidende Auswirkungen auf die Lebensqualität aller haben wie ein sofortiger Kohleausstieg bei gleichzeitigem Kernenergieausstieg – was uns direkt in die heutige Energiekrise geführt hat, mit unkalkulierbaren Folgen für die Wirtschaft, die Stabilität und Sicherheit unseres Landes. Besonders tut sich hier im Panikorchester der ehemalige Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) Hans Joachim Schellnhuber hervor.
Nein, man kann ihm nicht vorwerfen, dass er in den Modellrechnungen, die aus seinem Hause kommen, geschludert hat. Im Gegenteil, er hat neue innovative Verfahren entwickelt, hat das Konzept der Kipp-Elemente eingeführt, mit dem diskontinuierliche, extreme oder unumkehrbare Ereignisse modelliert werden können. Das PIK verfügt über einen 4.4 Millionen Euro teuren modernen IBM-Supercomputer, der 212 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde ausführen kann, womit auch hochkomplexe Klimaprozesse simuliert werden können. Was man ihm vorwerfen kann und muss ist, dass er als Wissenschaftler seine Stellung missbraucht, um ideologische und politische Ziele mit einem Absolutheitsanspruch durchzusetzen, der – wenn man um die Komplexität der Klimamodelle weiß – katastrophale Auswirkungen auf die Gesellschaft haben kann. Seine alarmistischen Äußerungen und sein dem katholischen Klerus nicht unähnlicher Unfehlbarkeitsanspruch sind legendär und haben ihm den Spitznamen "Klimapapst" eingebracht.
"Der Fortbestand der Zivilisation … ist ernsthaft gefährdet." (Feb 2022);
"Wenn die Gletscher Grönlands und des ostarktischen Eisschilds schmelzen, hat das zudem einen Anstieg des Meeresspiegels von 70 Metern zur Folge." Florida wäre dann genauso verschwunden wie weite Teile Südenglands. "Der Brexit ist dann kein Thema mehr. Das Krimproblem hätten wir somit auch gelöst." (Dez 2019)
"Was heute geschieht, gleicht einem kollektiven Suizidversuch" (Aug 2018)
"Wenn wir meine Vorgabe (Zwei-Grad-Ziel) nicht schaffen, so fällt die nächste Eiszeit, die in etwa 60.000 Jahren auf dem Programm steht, aus." (Juni 2015);
Die großen Himalaya-Gletscher werden "in dreißig, vierzig Jahren verschwinden … das kann man ganz leicht ausrechnen", zweieinhalb Milliarden Menschen würden dann ihre sichere Trinkwasserversorgung verlieren. Bei zwei Grad Erwärmung "würde das mit Sicherheit passieren" (30.10.2009). Später stellte sich heraus, dass das ein peinlicher Zahlendreher-Fehler war und Simulationen das Abschmelzen der Himalaya-Gletscher für das Jahr 2350 voraussagten und nicht für 2035. Manchmal hilft es auch, vor dem Herausposaunen völlig unglaubwürdiger Prognosen den gesunden Menschenverstand einzuschalten.
Schellnhuber legt in Artikeln und Büchern fest, wie viel wir von welchen Ressourcen pro Jahr verbrauchen dürfen, wie viele Emissionen wir uns leisten können, wie viel Artensterben oder wie viel Wachstum erlaubt sein darf. Mit seinem religiös-fanatischen Eifern rückt er die gesamte Klimaforschung eher in die Schmuddelecke einer Sekte. Sein Absolutheitsanspruch führt direkt dazu, dass andere Meinungen, andere Modelle, andere Forschungen diskreditiert werden. Zum Beispiel jene, die sich mit dem Einfluss der Sonnenzyklen auf das Klima bestimmter Regionen befassen – ein Fakt, der genauso unbestreitbar ist, wie der gegenwärtige Trend zur Klimaerwärmung und die Bedeutung der Reduzierung von CO2-Emissionen.
Hans von Storch vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht GKSS, einer der bedeutendsten Klimaforscher Deutschlands, stellt zusammen mit dem Sozialforscher Werner Krauß im Buch "Die Klimafalle" die Unabhängigkeit der Klimaforschung in Frage. "Die Klimaforschung wurde von der Politik gekidnappt, um ihre Entscheidungen als von der Wissenschaft vorgegeben und als alternativlos verkaufen zu können", meinen von Storch und Krauß. Forscher hätten sich mit der Politik gemein gemacht und würden nun zerrieben im Spiel der Interessen. Abweichende Meinungen und wissenschaftliche Ergebnisse, die nicht in das Narrativ einer grünen Ideologie passen, werden wahlweise abqualifiziert als Klimaleugner, Querdenker, rassistisch, alter weißer Mann oder Kartoffel.
Eigentlich müsste ein Klimaforscher wie Schellnhuber an vorderster Front einer Friedensbewegung stehen, denn der militärische Sektor ist bei der Errechnung des CO2-Fußabdrucks komplett ausgeklammert. Kriege wie die in Nahost, in Syrien, in der Ukraine, aber auch die Folgeschäden und der Wiederaufbau tragen mehr zur Umweltverschmutzung bei, wie alle großen EU-Länder zusammen. Mit dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr nimmt Deutschland weitreichende Klimaschäden wissend in Kauf. Deutschlands Militär hat bereits im Jahr 2019 circa 4,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent ausgestoßen, und damit wesentlich mehr als der innerdeutsche Flugverkehr mit 2,5 Millionen Tonnen. Eine Studie der Co-Direktorin des Costs of War-Projekts der Brown University Neta Crawford zeigt, dass das US-Verteidigungsministerium allein mehr zur Verschärfung der Klimakrise beiträgt als Länder wie Schweden oder Portugal: Es ist der weltweit größte institutionelle Verursacher von Treibhausgasen. Zu dieser so offensichtlichen Klimaschädigung verlor Schellnhuber bisher kein Wort und dass er vehement einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen für die Ukraine fordern würde, ist auch nicht bekannt.
Es wäre übrigens sehr interessant zu erfahren, welchen Einfluss die rund 450.000 Wind-Turbinen, die es auf unserem Planeten bisher gibt, auf Klima und Wetter haben und was denn die CO2-Bilanz von Wind- und Photovoltaikanlagen ist, von der Herstellung, dem Transport, dem Betrieb bis zur Verschrottung der Anlagen. Damit hat sich das PIK bisher anscheinend noch nicht befasst, wohl aber internationale Forscherteams, die bereits 2004 feststellten, dass sehr große Mengen an Windenergie zu nicht vernachlässigbaren klimatischen Veränderungen auf kontinentaler Ebene führen können.
Eine Studie eines internationalen Teams von Forschern aus Indien und den USA vom April 2022 fasst die zum Teil immensen Auswirkungen von Windparks auf die Umwelt zusammen, auf die Tierwelt, insbesondere Vögel und Fledermäuse, auf die Beschäftigten von Windkraftanlagen, auf die Gesundheit der Anwohner, auf Oberflächentemperatur und Luftfeuchtigkeit oder auf die Ozonschicht der Erde. Durch die Verwendung von Schwefelhexafluorid (SF6), des stärksten bisher bekannten Treibhausgases, kann die Erderwärmung sogar beschleunigt werden, obwohl der Einsatz der erneuerbaren Energien gerade dieses verhindern sollte. Die Studie zeigt die Nachteile der gegenwärtig vorherrschenden Technologien und beschreibt Alternativen und mögliche neue Lösungen. Ja, es gibt sie, die negativen Auswirkungen der angeblich so sauberen Windkraft auf die Umwelt – ein Fakt, der in den deutschen Medien so gut wie nicht vorkommt, von Politik und sogenannten Aktivisten als „Klimaleugnung“ abqualifiziert wird und leider auch von deutschen Forschern in vorauseilendem Gehorsam kaum aufgegriffen wird.
Es wäre den Forscherinnen und Forschern des PIK zu wünschen, dass sie sich von der Selbstverliebtheit und Ideologie ihres emeritierten Übervaters befreien und wieder das tun, was sie am besten können: Modellrechnungen und Simulationen, unvoreingenommen und ohne politisch vorgegebene Resultate. Vielleicht lesen sie sich auch noch einmal die Grundsätze ethischen Handelns vom Deutschen Hochschulverband durch: "Wissenschaftler sind zur Unparteilichkeit verpflichtet. Wissenschaftliche Argumente und Urteile dürfen nur nach Würdigung der Gegenargumente abgegeben werden. Gefälligkeitsgutachten widersprechen dem Berufsethos. Wissenschaft ist weisungsfrei. Ihre Unparteilichkeit steht unter grundrechtlichem Schutz." (https://www.hochschulverband.de/positionen/presse/resolutionen/wissenschaft-und-ethik)
Manchmal fragt man sich, was denn die größere Katastrophe wäre, dass die zwei Grad Erderwärmung eintritt und uns – eventuell (man erinnere sich, wir reden von Simulationen und Modellrechnungen) – neue Dürren, Überschwemmungen und Hitzeperioden bringt, oder dass uns Herrn Schellnhubers Vision eines deindustrialisierten Landes ins Mittelalter zurückwirft. Er möchte schließlich "das Haus der Zivilisation neu erbauen", nicht mehr und nicht weniger. Nur ob dieses Haus dann noch bewohnbar und bewohnenswert ist, das ist sehr fraglich.
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