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Ronald Keusch

Deutschland schaltet sich ab

Über das Buch „Klimadämmerung“ von Frank Hennig



Warum ist der Kinderbuch-Autor Habeck, der nun als Wirtschaftsminister die Energiewende händeln soll, um das Weltklima zu retten, nach den Bundestagswahlen so schmallippig geworden? Dämmert die Ahnung nun im Regierungssessel sitzend, was für Konsequenzen die Fortsetzung der seit Jahren betriebenen Energiewende bereits dem heutigen Wirtschaftsminister ganz konkret bescheren? Mittlerweile ist Minister und Vizekanzler Habeck im neuen Jahr doch noch mit laut anklagenden Vorwürfen gegenüber der EU zu hören. Die Atomenergie wird von der EU in vorzubereitenden Beschlüssen für Sommer 2022 als nachhaltige grüne Energie-Technologie bezeichnet, die vor allem bei der CO2 Reduzierung förderungswürdig ist und interessant für Investitionen sein soll.


Der Tagesschau-Kommentar verlautet kleinlaut, dass nur eine Minderheit in Europa die Position von Deutschland vertritt, Atomkraftwerke zu verdammen. Mit Minderheit ist faktisch der Alleingang der deutschen Regierung im Gefolge von Luxemburg und Österreich gemeint, die mit gutem Beispiel vorangehen. Aber wem? In Europa nutzen 17 Staaten Kernkraftwerke, in acht werden derzeit sage und schreibe 14 neue Atomkraftwerke gebaut. Sind alle diese Länder der EU nun Geisterfahrer, nur die Deutschen fahren auf der richtigen Spur, wie derzeit die begrünten Propagandalautsprecher vermelden?


Die meisten deutschen Medienkonsumenten können und wollen das nicht glauben, aber wer ist schon naturwissenschaftlich so ausgerüstet, um die Bildung seiner eigenen Meinung mit Grundwissen zu untermauern. Einmal mehr „Onkel Google“ fragen, dessen Ruf der Objektivität allerdings in letzter Zeit stark gelitten hat? Noch einmal Physikbücher aus der Schulzeit hervorkramen? Oder mal ins Wall Street Journal schauen, das den Deutschen 2019 bescheinigte, die dümmste Energiepolitik der Welt zu beschreiten („Worlds dumbest energy policy“) ?


Eine gute Hilfe stellt das im Jahr 2021 veröffentlichte Buch eines Diplom-Ingenieurs für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung dar, der vor allem eine populär gehaltene und energiefachliche Analyse vorlegt. Der Autor heißt Frank Hennig und arbeitete lange in Kraftwerken eines Energieunternehmens mit Stromproduktion in der Lausitz wie Jänschwalde und war auch als Referent in der technischen Fortbildung tätig. Sein Buchtitel lautet kurz und knapp: „Klimadämmerung“. Denn Energiepolitik ist eng mit der Klimapolitik verquickt. Der Autor des 300 Seiten umfangreichen Buches mit 230 Anmerkungen betont, dass seine Texte und Grafiken nicht als fachliche Bildung gedacht sind und keinen wissenschaftlichen Anspruch erheben. Im Unterschied zu Ministern, Parteivorständen und fast allen Bundestagsabgeordneten, stellt hier jemand, der weiß, wovon er spricht, eine präzise energiefachliche Analyse vor, so lautet das Urteil von Prof. Dr. Fritz Vahrenholt, dem früheren Hamburger Umweltsenator und Energie-Experten, im Vorwort. Und weiter Vahrenholt:


„Er weiß was eine Gigatonne CO2 ist – im Unterschied zu einer bekannten (früheren) Parteivorsitzenden. Er weiß, warum man Blindleistung zum Transport von Strom benötigt und kennt den Unterschied zwischen elektrischer Arbeit und der Leistung von Windkrafträdern.“


Autor Henning hat seinem Buch den Untertitel gegeben: „Vom Ausstieg zum Abstieg – ein Plädoyer für mehr Vernunft in der Energiepolitik“. Dazu hat er seinen Text in 33 kleine überschaubare Kapitel eingeteilt. Das erste Kapitel „Die magischen 50 Hertz“ beginnt mit dem Satz: “Die Elektrizität wurde nicht erfunden, sondern entdeckt“ und wird dann damit fortgeführt, was denn die Voraussetzung für die Nutzung der Elektrizität sei. Es ist „eine Spannungsdifferenz, wodurch die Elektronen fließen, genauer gesagt, durch Schwingungen Energie erzeugen.“ (S13) Und so wird der Leser weiter geführt zum Rhythmus im Netz, in Europa bilden 50 Polwechsel pro Sekunde den Standard in der Stromversorgung. Und es zeigt sich, dass die magischen 50 Hertz damit eine bedeutsame Grundlage unseres Energiesystems sind. Dann begleitet Henning den Leser durch die Energielandschaft, dem Netz aus Drähten, der Blindleistung und seiner Maßeinheit Voltampere. Wird die Blindleistung nicht kompensiert, kann es zu Über- oder Unterspannungen kommen, was im schlimmsten Fall zum Netzkollaps führt. Hier zeichnet sich bereits ein Konflikt zwischen Netzbetreibern und der Branche der erneuerbaren Energie ab. (S.18) Und so wird die ganze Palette unterschiedlicher und meist grundlegender Aspekte präsentiert. Wer aus dem Gleichgewicht kommt, fällt um. Im Stromnetz ist das Gleichgewicht von Erzeugung und Verbrauch von existenzieller Bedeutung. (S.31)


Ausführlich geht der Autor in mehreren Abschnitten direkt darauf ein, wie tauglich Windkraft und Solarstrom für die Sicherung der Energieversorgung sind, um dann unvermeidlich das Kapitel „Strom auf der Halde“ anzusteuern. Wohl in allen Diskussionen um die Energiewende, so Henning, ist alsbald die Frage der Stromspeicher erreicht. Im Gegensatz zur Kohlehalde unterliegen Stromspeicher einem Wirkungsgrad, d.h. ein Teil des gespeicherten Stroms geht als Verlustenergie verloren. Strom speichern ist nicht wertschöpfend, worauf dann der Autor auf unterschiedliche Aspekte wie Pumpspeicherwerke, große Monozellen, BigBattery und Netzbooster näher eingeht. (S.122ff)

Einige weitere spannende Themen sind: Wasserstoff als Zukunftshoffnung, der Licht- und Wärmelieferant Sonne, Strom aus dem Kern und die strahlende Welt, mobile Energie u.v.m.


Auch den Erfolgsjournalisten der Energiewende mit ihren Halbwahrheiten und politisch korrekten Fakes ist ein ganzes Kapitel gewidmet (S. 185ff). Wobei der „Spiegel“ noch in einem extra Abschnitt behandelt wird, weil sich das frühere Nachrichtenmagazin in energiepolitischer Hinsicht als ein besonders die Wirklichkeit stark verzerrendes Medium hervortut (S. 197ff). Schließlich beschäftigt sich der Kraftwerksingenieur mit den Denkfabriken wie „Agora Energiewende“, die sich nicht einmal die Mühe machen, Objektivität vorzutäuschen. Auch die Rolle von Frau Prof. Kemfert am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wird näher beleuchtet, der „Miss Energiewende“ (ZEIT), der Chefideologin und Wanderpredigerin zur Vermittlung unerschütterlichen Glaubens an das Ökoparadies aus Wind und Sonne (253ff).


Noch gelingt es den Propagandisten der Energiewende, neue Sprachregelungen durchzusetzen, die an George Orwell erinnern. Frank Henning bringt Beispiele: Aus Zwangsabschaltung wird die Nachfrageglättung, aus Rationierung des Stroms das intelligente Netz und die Redenschreiber des früheren Wirtschaftsministers Altmeier machten aus Windkraftanlagen die „Kathedralen der Energiewende.“


Alles spannend zu lesen. Die Erwartungshaltung all jener, die den Klimawandel in Frage stellen wollen, erfüllt der Energieexperte Hennig nicht. Ihm geht es vielmehr darum, der ideologiebefrachteten Klimawandel-Diskussion in Deutschland knallharte Fakten entgegenzustellen. Und während die wissenschaftliche Elite Mittel- und Ostasiens mit immer neuen Forschungsergebnissen aufwartet, fallen wir durch politische Verbote wie „Anti-Atom“, „Anti-Gen“ oder „Anti-Fossil“ technologisch zurück.


„Politische Wunschvorstellungen kollidieren mit den Naturgesetzen, unzureichend wahrgenommen von einer unzureichend gebildeten Elite.“ (S. 301).


Wissenschaftsfeindlichkeit macht sich breit, z.B. dort wo die Grünen aus Braunschweig fordern, Glauben, Religion und Philosophie zur Richtschnur des Handelns zu machen. „Die Akzeptanz kann nur erhöht werden, wenn andere Weltbilder als das naturwissenschaftliche anerkannt und bei Entscheidungsfindungen berücksichtigt werden.“ Mit einer solchen Weltsicht wurden im Mittelalter Ketzer verbrannt.


Der Autor hat sich auch durch klare pointierte Aussagen in Zeitschriftenartikeln bekannt gemacht und findet auch bei Vorträgen in Buchlesungen zu Originalität. So empfiehlt er „klimareligiösen Politikern der reinen Wind- und Sonnenlehre“, die im Hinblick auf die Energieversorgung anderes behaupten, sich für die Einführung des „Futur 3“ in der deutschen Grammatik einzusetzen. Wenn der Wunsch ausreiche, müsse man eben auch klar formulieren: „Wir hätten morgen Strom gehabt haben hätten (wenn Wind gewesen wäre)“.


Ein Vorwort in seinem Buch könnte auch als Resümee von Frank Hennig stehen: Ich hoffe, dass aus der Klima- eine Morgendämmerung wird. Am Ende siegen immer die Realitäten, ob wir es wollen oder nicht.

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