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Ronald Keusch

Beelitz - Reiseort vor der Haustür

Spaziergang durch Beelitz anhand alter und neuer Fotomotive eines Bildbandes der Reihe „Einst und Jetzt“

Sie sei nicht für ein Reiseverbot, widersprach Merkel nach Informationen von Reuters aus Teilnehmerkreisen in der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Dienstag (26.1.) entsprechenden Medienberichten. "Es sollten aber möglichst keine touristischen Reisen stattfinden", fügte sie nach Teilnehmerangaben hinzu. Währenddessen warnte der Deutsche Reiseverband (DRV) vor weiteren Einschränkungen. "Reisen finden de facto kaum noch statt. Dies sollte auch die Bundesregierung zur Kenntnis nehmen", teilte der Verband am Dienstag mit. Schon jetzt seien touristische Trips durch staatliche Entscheidungen fast vollständig zum Erliegen gekommen, auch der Geschäftsreisesektor liege völlig am Boden. "Wir brauchen daher", so mahnte der DRV, "keine weitere Stigmatisierung des Reisens, sondern eine sachliche Debatte".


In solchen Zeiten verordneter Angst- und Hysterie-Kampagnen der Pandemiker stehen Hotels leer, bleiben Flugzeuge am Boden und Kreuzfahren werden abgesagt. Für alle, die sich weder heute noch künftig nicht die Freude und das Erlebnis des Reisens austreiben lassen wollen, gibt es Reiseorte mit dazugehörigen Landschaften vor der Haustür. Und es bestehen Möglichkeiten, sie zu entdecken. Einen wunderschönen Weg bietet seinen Lesern der Sutton-Verlag. Dieser Verlag hat sich auf Regional- und Lokalgeschichte spezialisiert. Eines seiner Markenzeichen ist die Buchreihe: "Einst und Jetzt". Anfang des Jahres erschien der Band "Beelitz" von dem Autorengespann Manfred Fließ und Uwe Schneider. Hier werden Bild-Motive der brandenburgischen Ackerbürgerstadt Beelitz, die auf mehr als hundert Jahre alten Fotos festgehalten sind, jeweils den Fotos aus der Gegenwart auf einer Doppelseite gegenübergestellt. Auf 120 Seiten lädt das Buch den Leser zu einem ausführlichen Spaziergang durch Beelitz ein. Da sind die Veränderungen zu entdecken und gleichfalls auch das, was von der früheren Stadtbefestigung mit Gräben, Wällen, Mauern und Toren sowie von der Stadtarchitektur mit seinen in der Regel zweigeschossigen Fachwerkhäusern erhalten blieb. "Die Wallanlagen", so schreiben die Autoren, "auf Befehl König Friedrich Wilhelms I geschleift, wurden teilweise in Gärten verwandelt oder mit charakteristischen eingeschossigen Kolonistenhäusern bebaut....". Kleine kaum bekannte Flüsschen wie die Nuthe und die noch winzigere Nieplitz finden in diesem Beelitzer Bilderbuch ebenfalls ihren Platz. Und auch der spöttische Eintrag von Theodor Fontane, der in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg anmerkte: "Verglichen mit diesen Flüssen wirke die Havel, als zöge die Wolga an einem vorbei." (S.14) Spätere historische Stadterweiterungen, das betraf die Berliner, die Brücker und die Trebiner Vorstadt sind dokumentiert. Ergänzt werden die Fotos der Stadtgeschichte damals und heute mit einigen historischen Skizzen und Dokumenten, historischen Privatfotos und dem "wahren Schatz" von Ansichtskarten, die seit etwa 1895 das Zeitbild von Beelitz vermitteln. "Sie haben oft einen ästhetischen Reiz und sind sowieso von stadtgeschichtlichem Interesse."(S.6) Prägend für die Nachwendezeit von Beelitz ist das Jahr 1994. Mit dem Eintritt der Stadt in die Arbeitsgemeinschaft "Städte mit historischen Stadtkernen des Landes Brandenburg" begann die Sanierung der Beelitzer Altstadt, "eines immer schöner werdenden Flächendenkmals."(S.7) Wenn man über die Stadt Beelitz berichtet, kommt man nicht umhin, das königliche Edelgemüse Spargel zu erwähnen. Seit 1861 wurde der Spargelanbau für die Beelitzer zum einträglichen Haupterwerb ihrer Felder, die anfangs sogar bis in die Stadt hinein reichten. Ein Stück Stadtgeschichte wird erzählt, beginnend beim Gründer des Spargel-Imperiums Carl Friedrich Wilhelm Herrmann, der mit dem Spargel Berlin eroberte bis zum Betriebsgelände der Konservenfabrik Beelitz und den Spargelfrauen, die zur Spargel-Saison an der Kreuzung Virchowstraße/Straße des Aufbaus ihren Verkaufsstand aufgeschlagen haben.




Das Buch über Beelitz mit seinen historischen und aktuellen Fotos und den fachkundigen Erläuterungen ist zuallererst ein angenehmer und unaufgeregter Stadtführer. Es ist eine Empfehlung, sich, wie in anderen Regionen Europas auch, von der sich verändernden Stadtarchitektur wie auch Lebenskultur südwestlich von Berlin und Potsdam einfangen zu lassen. Es ist damit zugleich und einmal mehr ein überzeugender Beweis dafür, dass Behauptungen, die die Existenz einer deutschen Kultur jenseits der deutschen Sprache als "schlicht nicht identifizierbar" ansehen (Aydan Özoğuz, SPD), an Absurdität kaum noch zu überbieten sind. Wie lange dulden wir eigentlich noch diese gelebte Kulturlosigkeit unserer Politiker ?


Schließlich soll die Empfehlung für dieses Buch und eine Tagesreise ohne Übernachtung nach Beelitz keinesfalls die derzeit immer noch verhängten Reiseeinschränkungen und -verbote gutheißen. Diese Zeilen sollen mitnichten dazu auffordern, den Wanderurlaub in Österreich oder den Badeurlaub in Griechenland künftig zu vergessen, nur weil sich einige Politiker in Pandemiezeiten damit profilieren wollen, uns den Urlaub auf dem Balkon oder am nahen Baggersee schönzureden. Wir, die Reiselustigen, können zwar vorerst nur nach Beelitz und anderswo vor unsere Haustür reisen. Aber das ist nur die Vorbereitung, um so bald als möglich auch wieder Orte anderswo in der Welt zu entdecken.

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