Zum 30. Geburtstag des Verbandes der Reisejournalisten CTOUR
Es gab in diesem Jahr 2020 so einige 30jährige Jubiläen zu begehen, die die Zeiten nach dem Mauerfall geprägt und charakterisiert haben. Dazu ist auf dem Gebiet des Tourismus unbedingt die Gründung eines Clubs durch Journalisten aus dem Ostteil von Berlin zu zählen. Insgesamt 46 Redakteure aus zum Teil früher auflagenstarken DDR-Zeitschriften und Tageszeitungen von NBI bis Junge Welt trafen sich am 24. November 1990 im damaligen Jugendtourist-Hotel am Tierpark in Friedrichsfelde. Hier gründeten sie den Club der Tourismus-Journalisten, kurz CTOUR. Diese Vereinigung wollte vor allem den Neustart der Menschen vorwiegend aus dem Ostteil des Landes in die Reisewelt begleiten und ein kompetenter Partner sein für die Reiseveranstalter vorwiegend aus dem Westteil. Tourismus und Reisen entwickelten sich besonders in den nun folgenden Jahrzehnten zu einer Erfolgsgeschichte und die Deutschen avancierten zum ungekrönten Reiseweltmeister. In dieser rasanten Entwicklung haben die CTOUR-Journalisten ihren Platz gefunden und behauptet. Einer ihrer wichtigen Leitsprüche lautet: Der Wirklichkeit verpflichtet, sie auch kritisch zu begleiten, was nicht immer gelang. Und stets positiv in die Zukunft schauen. Dies gilt besonders für die jährlich in Berlin veranstalteten Höhepunkte der Reisebranche mit der Internationalen Tourismus Börse (ITB) und vielen weiteren Messen und Veranstaltungen.
Zum nunmehr 30. Geburtstag traf man sich Ende Oktober wieder in dem Gründungshotel. Es trägt heute den Namen "Abacus Tierpark Hotel Berlin" und ist in den drei Jahrzehnten CTOUR-Geschichte immer ein wichtiger Ort für Tourismus-Veranstaltungen geblieben. Hier versammelte sich zwei Tage vor der Ausrufung eines erneuten Lockdown am 2. November ein kleiner Kreis von CTOUR-Journalisten sowie Gästen und Sponsoren aus der Reisewirtschaft. Darf sich CTOUR mit seinen Gästen zwei Tage vor dem Lockdown treffen, so lautete die Frage so mancher Bedenkenträger vorab. Zwei Gründe sprachen für diesen Termin. Zuallererst hatten die Veranstalter mit dem Hotel ein detailliertes verantwortungsvolles Hygienekonzept aufgestellt. So musste unter anderem die Teilnehmerzahl auf rund 40 Gäste reduziert werden. Immerhin waren zu diesem Zeitpunkt in Berlin auch noch die Restaurants geöffnet und im Theater wurden Premieren aufgeführt. Es war also in keinerlei Weise angesagt, im voraus eilenden Gehorsam diese Veranstaltung auf den Sankt Nimmerleins-Tag zu verschieben. Und zweitens gehörte es seit jeher zum Credo von CTOUR, nicht allein bei der Rückschau auf drei Jahrzehnte stehen zu bleiben, sondern zugleich optimistisch in die kommenden Jahre zu blicken. Das ist mehr denn je nötig. Denn die über die Branche hereinbrechenden zumeist unverhältnismäßig verhängten Corona-Regeln treffen die Reisewirtschaft ins Mark und sind de facto ein Reiseverbot, auch wenn das in den einschlägigen Verordnungen verharmlosend "Reisewarnung" heißt. Darunter leiden nicht zuletzt auch Reisejournalisten. Am Jubiläumsabend sorgten die CTOUR-Mitglieder wie ihre Gäste für eine kompetente und hoffnungsvolle Diskussion. Die Moderation lag in den Händen von CTOUR-Sprecher, Hans-Peter Gaul, einem der Gründer des Clubs. Er verkörpert die gute Seele einer Vereinigung, die immer wieder viele individuell ausgerichtete Journalisten in ihren Reihen hatte. Die jahrzehntelange Tätigkeit von Hans-Peter Gaul wurde an diesem Abend mit der Verleihung der Ehrenpräsidentschaft gewürdigt.
Den weitesten Weg nach Berlin hatten drei Gäste: Der Direktor von "VisitFlanders" Lothar Peters aus Köln, der feierlich zu einem CTOUR-Ehrenmitglied ernannt wurde und die Reisefachfrauen Annemarie Gerards und Evelyn Rietveld aus den Niederlanden. Sie können auf eine lange Zusammenarbeit mit CTOUR rund um die Holland Tulpen und gegenseitige Besuche zurückblicken. An diesem Abend präsentierten sie einen Blick auf die Vorbereitungen der Weltgartenbauausstellung Floriade Expo 2022, die vom 14. April bis 9. Oktober 2022 stattfinden soll. Dieses Projekt ist eine wahrhaft einzigartige Sammlung an Bäumen, Blumen, Pflanzen und Sträuchern aus aller Welt, auf die sich alle Gartenfreunde freuen können.
Seit vielen Jahren mit CTOUR sehr eng verbunden durch viele Projekte und Veranstaltungen ist Mario Köpers, langjähriger Kommunikationschef von TUI und heute Inhaber und Geschäftsführer der Kommunikationsagentur KC3. Der Kenner der Reisebranche sagt für das kommende Jahr voraus, dass mindestens ein Drittel der touristischen Unternehmen in den Abgrund gerissen werden. Der Gigantismus z.B. bei Kreuzfahrten oder der Zahl der Flugzeuge und Fluglinien werde sicherlich auf ein normaleres Maß zurückgesetzt. Das Positive sei, dass auch künftig gereist wird und dazu über neue Geschäftsmodelle nachzudenken ist. In ähnlicher Weise lautete die Einschätzung von Gert Prantner. Gründer der RIMC International und heute Gesellschafter der Pranter&Cie GmbH. Er gilt mit seinen jahrzehntelangen internationalen Erfahrungen als Hotel-Legende. Auch Prantner sieht durch die Corona-Krise in der Hotellerie viele Unternehmen verschwinden. Allerdings wird der Tourismus innerhalb von Deutschland positiv beeinflusst und insgesamt gewinnen. Hotelspezifische Beratungen von Mix-Immobilien in unterschiedlichen Lagen werden enorm an Bedeutung zulegen und maßgeschneiderte Hotelkonzepte sichern touristische Erfolge, so die feste Überzeugung von Prantner.
Zu den ebenfalls langjährigen Begleitern von CTOUR zählt Prof. Dr. med Tomas Jelinek vom Berlin Centrum für Reise- und Tropenmedizin. Gerade bei Fernreisen sind Gesundheitsaspekte immer ein zentrales Thema. Prof. Jelinek sieht in den Impfstoffen derzeit die einzige Möglichkeit, aus der Corona-Krise in das normale Leben zurückzufinden, insbesondere für das Reisen. Zwar werde das Virus nicht verschwinden, aber es wird zurückgedrängt werden, weil immer mehr Menschen davor geschützt werden, so die Meinung von Prof. Jelinek. Vor allem hofft er darauf, dass eine schnelle und zuverlässige Diagnostik einsetzbar ist, denn der gegenwärtige Aufwand für PCR-Tests ist immens und kostet unheimlich Ressourcen. Auf die Frage, wann der Tourismus wieder sich normalen Bahnen annähert, sieht Prof. Jelinek den Zeitpunkt schon im Frühjahr 2021. Dann werden durch eine große Anzahl von Impfstoffen auch eine große Zahl von Menschen geschützt. Er vergleicht dann das Corona-Virus mit der Situation um das Gelbfieber. Ein Gelbfieber-Impfzertifikat braucht man, um bestimmte Länder zu bereisen. "Genauso wird das mit Corona werden", ist Prof. Jelinek überzeugt. "Mit dem Corona Impf-Zertifikat kann man dann reisen, ins Theater gehen, eine Kreuzfahrt machen. Darauf wird es hinauslaufen." Aus seiner Sicht müssen genügend Impfstoffe hergestellt werden, damit genügend Menschen sich damit schützen können.
Auch Jürgen Drensek, Ehrenpräsident der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ) kam zum CTOUR Jubiläum nach Berlin. Seine Botschaft lautete, die Herausforderung durch Corona annehmen. Der Tourismus werde sich verändern und auch der Reisejournalismus wird dem Rechnung tragen und demnächst auch neue Sinnlichkeit beim Reisen in Deutschland suchen und finden. Es rückt nunmehr nicht vorrangig die Exotik der weiten Ferne in den Vordergrund, sondern auch die Geschichten aus dem Thüringer Wald. Dennoch ist es ein Geschenk für deutsche Urlauber wie für alle Reisejournalisten, wenn wir uns ohne Maske und ohne Sorge irgendwo auf der Welt treffen.
Übrigens soll die ausgefallene große Jubiläumsfeier zum 30jährigen Bestehen von CTOUR im Sommer 2021 nachgeholt werden. Noch in diesem Jahr wird Ende November auf der Website ctour.de sowohl das CTOUR Magazin zum Jubiläum mit 76 Seiten zum Blättern sowie ein Video zu 30 Jahren, produziert von der Fernsehjournalistin Sylvia Acksteiner zu sehen sein.
"Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben", erkannte der Naturwissenschaftler und Weltreisende Alexander von Humboldt. Der Forschungsreisende hatte damals jene im Blickfeld, die den Ideen der Aufklärung und ihre fortschrittlichen Vertreter bekämpften. Doch auch zwei Jahrhunderte später hat dieser Satz nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt. Reisen ist ein Menschenrecht, um Länder und ihre Bewohner zu erleben und zu verstehen. So manche Überspitzungen im Massentourismus ändern nichts an dieser Wahrheit. Und allen Politikern und ihren Propagandisten, die der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung mit willkürlicher Definition von Risikogebieten, Testzwang und Quarantäne-Regelungen den Urlaub in "Balkonien" oder am nahen Baggersee verordnen wollen, ist entschieden zu widersprechen. Kurt Tucholskys Satz ist aktuell wie nie:
Comments