Die Komische Oper geht im September 2020 wieder an den Start
Endlich kann der Spielbetrieb nach der Corona-Zwangspause in der Komischen Oper wieder aufgenommen werden. Nach dem Sommer geht es im September los, so die erste und wichtigste Botschaft des Intendanten und Chefregisseurs Barrie Kosky auf einer Pressekonferenz am 25. Juni an die Berliner und ihre Gäste. Aber genauso wie man nicht vom Corona-Virus, sondern nur mit den immer noch geltenden Pandemie-Regelungen in den Urlaub darf, so ist es auch beim Theater- und Opernbesuch. Einen kleinen Vorgeschmack lieferte die Pressekonferenz im Haus an der Behrenstraße, bei der die Journalisten im Zuschauerraum auf Distanz und auf extra nummerierten Sitzen platziert wurden. Doch bei Wiederaufnahme des Spielbetriebes haben die Distanzprobleme eine andere, fast dramatische Dimension. Das traditionsreiche große Haus der Komischen Oper mit einer Kapazität von 1190 Sitzplätzen kann nur für 344 Zuschauer öffnen, das heißt: 71% der Plätze müssen frei bleiben. Wenn man als Paar die Oper besucht, hat man mindestens 4 Plätze um sich herum frei. Angesichts vollgepackter Busse und Bahnen im Berufsverkehr, ohne Mindestabstand oder gar freie Plätze, fragt man sich nach der Verhältnismäßigkeit und man wähnt sich eher in Schilda als in der Weltmetropole Berlin. Der Mundschutz für das Publikum ist allerdings nur auf dem Weg zu den Plätzen und im Hause vorgeschrieben. Doch die neue SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung des Berliner Senats, die die Verordnung zu Eindämmungs-Maßnahmen ablöst, hat für den Kulturbetrieb noch weitere Vorschriften in petto. Sie verbietet das Chorsingen in geschlossenen Räumen und beharrt auf die bekannten Abstandsregeln nicht nur im Zuschauersaal, sondern auch auf der Bühne (!). Die Konsequenzen für die Inszenierungen kann sich jeder vorstellen, auch wenn er nicht zu dem großen Stammpublikum der Komischen Oper zählt.
Um so bewundernswerter ist die Tatkraft und der Optimismus von Intendant Kosky, die er gemeinsam mit seiner Geschäftsführenden Direktorin Susanne Moser an den Tag legt. Kosky: "Für die Monate von September bis Dezember 2020 haben wir einen komplett neuen Spielplan entwickelt, der sich verändernde Sicherheitsvorschriften berücksichtigen kann und zugleich lust- und fantasievoll mit den neuen Gegebenheiten umgeht." Und weiter Chefregisseur Kosky: "Entstehen werden hierbei neue Formate, die bislang nicht geplant waren und die es so bislang bei uns auch nicht gegeben hat." Weder ein großer Chor, noch eine große Zahl von Menschen in Opernszenen sind erlaubt. Auch Sinfoniekonzerte werden derzeit nicht veranstaltet, dafür aber Strawinski-Konzerte mit weniger Musikern.
Offenherzig mit einem Augenzwinkern verkündet der Intendant, dass die Worte "klein" oder "reduziert" jetzt in seinem Hause verboten sind. "Wir werden flexibler produzieren und mehr improvisieren als sonst - natürlich stets in höchster Qualität." Einige geplante Musical- und Opernaufführungen werden verschoben. An ihre Stelle treten Inszenierungen, die in einem neuen Spielplan für die Monate September bis Dezember 2020 entwickelt wurden. Dazu zählen die Premiere "Pierrot Lunaire" von Arnold Schönberg mit der Ausnahmekünstlerin Dagmar Manzel und Mozarts Zauberflöte "reloaded" mit Sängern teilweise in der Loge sowie 16 Musikern und Tänzerinnnen und Tänzer, die privat Paare sind und deshalb gemeinsam auf der Bühne auftreten dürfen. Und auch die neue Inszenierung der Opera bouffe von Jaques Offenbach "Die Großherzogin von Gerolstein" kommt laut Barrie Kosky mit sieben Sängern und zwei Tänzern aus und die konzertante Operette "Die Blume von Hawaii" spielt mit kleinem Orchester.
Das gesamte Team der Komischen Oper gibt sich flexibel, pragmatisch und inspiriert. Und das ist durch die ständigen Veränderungen der Schutz- und Hygieneregeln, zeitweise im zwei Wochen-Rhythmus, mehr als angesagt. Das Ensemble der Komischen Oper mit 24 Sängerinnen und Sängern, mit einhundert Musikern des Orchesters, 60 Chorsolisten und insgesamt 420 festen Mitarbeitern, davon zur Zeit 380 anteilig in Kurzarbeit, ist äußerst flexibel aufgestellt. Deshalb könnten die auf Distanz gehaltenen Inszenierungen, so Intendant Kosky sehr kurzfristig wieder umgesteuert werden, wenn es neue Regeln erlauben sollten. Und es ist ja nicht ausgeschlossen, dass erfahrene Wissenschaftler und Mediziner um Professor Bhakdi ("Corona Fehlalarm", Goldegg Verlag 2020, auf der Spiegel Bestsellerliste Platz 5) eine neue Betrachtung der Auswirkungen des Coronavirus in der Öffentlichkeit erzwingen. Der Optimismus von den Machern der Komischen Oper und ihr erfolgreicher Balanceakt zwischen kulturellem Anspruch und bürokratischen Verboten wird in diesen schweren Zeiten ganz sicherlich durch den Besuch des Publikums bestärkt. Die Berliner und viele Touristen werden die Felsenstein-Enkel der Komischen Oper, dieses traditionsreiche Musiktheater Berlins, nicht im Stich lassen.
Der Vorverkauf für die neue Herbst-Spielzeit 2020 beginnt am 30. Juni 2020 um 11 Uhr in der Opernkasse Unter den Linden und telefonisch unter +49 (0)30 47 99 74 00. Die Onlinebuchung wird erst nach der Sommerpause möglich sein, ab 24. August, 11 Uhr. Kunden, die Tickets für Vorstellungen 2020/21 gekauft haben, die nicht mehr stattfinden, können diese umtauschen oder sich erstatten lassen. Alle Informationen dazu finden sich auf der Website www.komische-oper-berlin.de.
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