Ein Marlene Dietrich Liederabend im Schlosspark-Theater Berlin Steglitz
Die Lieder und Chansons von Marlene Dietrich schaffen es immer wieder, auch nach Berlin zurück zu kehren. Hier begann in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts ihre musikalische Welt-Karriere als Schauspielerin und Sängerin. In kleinen Kabaretts und auf großen Musical-Theatern stand die Nachwuchsschauspielerin auf der Bühne. Im nahen Potsdam Babelsberg auf dem UFA Gelände stellte im Jahr 1930 das Treffen mit dem berühmten Regisseur Josef von Sternberg und das Vorsingen des Gassenhauers „Wer wird denn weinen, wenn man auseinander geht“ die Weichen zum Weltstar. Marlene Dietrich mit ihrer unterkühlt lasziven Ausstrahlung erhielt die Rolle der femme fatale in einem der ersten Tonfilme „Der blaue Engel“. Knapp 90 Jahre später kommen die Lieder der Dietrich wieder aus Potsdam. Rita Feldmeier vom Potsdamer Hans-Otto-Theater, die in die Figur der großen Dietrich schlüpfte und Daniel Heinzmann mit gut temperierter und eleganter Begleitung am Flügel, haben sie mit gebracht zur Gastspiel-Premiere im Schlosspark-Theater Steglitz.
Bei der Präsentation von Welthits von vorgestern stellt sich immer die Frage, ob sie noch attraktiv fürs Publikum sind oder ob schon ihr Verfallsdatum überschritten ist. Der Abend im Schlossparktheater lieferte den Beweis, dass die Chansons, die die Urgroßeltern begeisterten, auch heute noch Bestand haben und ihr Publikum finden. Damals Romantisches und Nachdenkliches, Rotznäsigkeit und Chuzpe, die rauchig erotische Stimme der Frau in Hosenanzug, Frack und Zylinder - all das ist in den Dietrich-Titeln auch im heutigen digitalen Zeitalter erlebbar. Ob der Berlin Sound „Allein in einer großen Stadt“ und „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“ oder die Filmmusik aus dem „Blauen Engel“ mit „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ oder aus Hollywood „Boys in the backroom“ oder das Soldatenlied „Lilie Marleen“ oder „La Vie en Rose“ das bekannte Chanson von Edith Piaf, von Friedrich Hollaender bis Cole Porter, ihr Gesangs-Repertoire erscheint zeitlos.
Marlene Dietrich, im Jahr 1992 in Paris verstorben, war nicht schlicht allein ein internationaler Weltstar von erstem Rang, der in drei Weltsprachen auf fünf Kontinenten sein Publikum fand. Sie schaffte es, zu einer Künstler-Legende aufzusteigen. Deshalb gehören ebenso viel Selbstbewusstsein, Mut und Können dazu, in der Rolle dieser Frau zu agieren, den Dietrich- Liedern eine Stimme von heute zu geben. Zumal in der derzeitigen modernen Technikwelt im Internet bei YouTube die originale Marlene Dietrich in Filmen, Konzerten und Plattenaufnahmen zum Vergleich abrufbar ist. Rita Feldmeier, eine gestandene erfolgreiche Schauspielerin des Theater-Ensemble in Potsdam, konnte dieses Wagnis eingehen. Sie hat Lieder wie Person der Marlene Dietrich zum Leben erweckt, wobei ihr sicherlich eine gewisse Ähnlichkeit mit der berühmten Marlene dabei auch geholfen hat.
Der Liederabend (Regie: Achim Wolff ) teilte sich in zwei Teile. Der erste deutlich kürzere Teil spielt sozusagen backstage (vor Beginn des Konzerts) und will in einer Folge von kurzen Dialogen und einigen eingestreuten Liedern über die Diva Marlene Dietrich und ihr Leben erzählen. Aber wie es so schön heißt, gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. In diesem Teil fehlte es an der Ausstrahlung, an Bühnenpräsenz, Rita Feldmeier hatte nicht ausreichend Möglichkeiten, diesen Star in den Theaterhimmel aufsteigen zu lassen. Auch das Publikum blieb spürbar zurückhaltend. Ein Statement von Marlene Dietrich wird im ersten Teil zitiert, in dem sie in einem geschickt eingesetzten understatement amerikanischen Reportern bekennt, dass sie gar nicht singen kann. Doch die Dietrich hatte Musikunterricht und Gesangsausbildung, während Rita Feldmeier manchmal die Tiefe und die Höhe der Stimme in einigen Titeln („Johnny, wenn Du Geburtstag hast“) nicht erreichte.
Anders dann nach der Pause der zweite längere Teil. Hier erscheint Rita Feldmeier in dem berühmten schneeweißen Schwanenfedermantel und präsentiert ohne Unterbrechung eine Folge der bekannten Lieder und Chansons von Marlene Dietrich. Das Publikum wird zusehends munter, Rita Feldmeier wird immer mehr die Marlene. Der Beifall wird lauter. Erste Bravorufe sind zu hören. Ein Höhepunkt des Abends ist der Vortrag des amerikanischen Antikriegs-Liedes von Pete Seeger „Sag mir, wo die Blumen sind“, das Marlene Dietrich vor der UNO in New York und auch hier in Berlin in den 60er Jahren gesungen hat. Zum Schluss lang anhaltender Beifall und Bravorufe. Rita und Marlene sind wieder in Berlin angekommen.
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